Betriebsschließungsversicherung: Dreifach-Sieg der Versicherungsnehmer gegen die Württembergische

Montag, März 15, 2021 Pressemitteilungen

Die Sozietät Wilhelm hat in drei Verfahren um Ansprüche aus der Betriebsschließungsversicherung gegen die Württembergische Versicherung Erfolge für die Versicherungsnehmer erzielen können. Das Landgericht Stuttgart wertete die zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen (AVB) der Württembergischen als intransparent. 

Das Landgericht Stuttgart hat mit drei Entscheidungen vom 12. März 2021 die Württembergische Versicherung zur Zahlung von EUR 163.537,40 an eine Frankfurter Apfelweinwirtschaft (Az. 3 O 357/20) sowie zur Zahlung von EUR 86.785,80 und EUR 38.365,38 an zwei Gastronomen aus der Nähe von Stuttgart verurteilt (Az. 3 O 446/20 und Az. 3 O 360/20). Nach Auffassung des Gerichts war die Schließung der Betriebe der Kläger während des Lockdowns von März bis Mai 2020 unter den AVB der Württembergischen versichert.

In allen drei Fällen lagen die „Verbundenen Versicherungsbedingungen für die Firmen Sachversicherung (VFS 2016)“ der Württembergischen zugrunde. In den AVB heißt es: „Meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserreger […]“. Es folgt eine medizinisch-fachsprachliche Liste, aus der für den Versicherungsnehmer nicht deutlich wird, dass es sich nicht um eine vollständige Abbildung der §§ 6 und 7 des IfSG handelt.

„Von einem Versicherungsnehmer ist gerade nicht zu erwarten, dass er die einzelnen Krankheitserreger studiert, um seinen Versicherungsumfang zu bestimmen“, befand das LG Stuttgart. Ob das Coronavirus Sars-CoV-2 mitversichert sei, gehe dem Gericht zufolge aus der Klausel nicht klar hervor, die Formulierung sei intransparent. Vielmehr würde dadurch, dass die AVB im weiteren Verlauf lediglich Prionenerkrankungen ausdrücklich unter den Risikoausschlüssen aufführen, der Versicherungsnehmer „durch den Versicherer klar hinter die ‚Fichte‘ geführt“, urteilt der Richter in ungewohnter Deutlichkeit.

Eine enge Auslegung der Listenklausel durch den Versicherer verbiete überdies § 1a Versicherungsvertragsgesetz: Der Versicherer hätte dann dem Versicherungsnehmer ein Produkt vermittelt, das „nicht seinen tatsächlichen Interessen“ entspreche.

Die Urteile des LG Stuttgart sind auch insofern beachtenswert, als einer der klagenden Gastronomen einen großen Teil seines Umsatzes mit Catering und Beherbergungen macht. Catering war im Lockdown 2020 nicht untersagt, fand aber aufgrund des allgemeinen Veranstaltungsverbots nicht statt. Ebenso waren nicht-touristische Beherbergungen erlaubt, aber kaum nachgefragt. Die Betriebsstätten Hotel und Catering des Klägers waren faktisch geschlossen.

Das LG Stuttgart entschied, dass auch Teilschließungen vom Versicherungsschutz umfasst sind. Wenn in den AVB von „Betrieb“ und „Betriebsstätten“ die Rede sei, „dürfte jedenfalls für den verständigen Versicherungsnehmer abzuleiten sein, dass eine Schließung seines Betriebs dann vorliegt, wenn für die Unternehmung maßgebliche Betriebsstätten geschlossen werden müssen“, so das Gericht.

„Die Entscheidungen des LG Stuttgart sind ein weiterer wichtiger Etappensieg der Versicherungsnehmer. Eine Reihe wichtiger Rechtsfragen hat das Gericht sehr differenziert und mit Bedacht bewertet“, erklärt Dr. Mark Wilhelm, Managing Partner der Sozietät. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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