Corona-Virus: Kein Versicherungsschutz für Veranstaltungsausfälle?

Mittwoch, März 4, 2020 Pressemitteilungen

Veranstalter und ihre Versicherungsmakler haben in den vergangenen Tagen unerfreuliche Post von ihren Versicherern erhalten: Veranstaltungsausfälle aufgrund des Corona-Virus seien ab sofort vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Der Industrie drohen durch die rechtlich angreifbare Entscheidung hohe Verluste.

In Frankreich und der Schweiz ist aufgrund der aktuellen Pandemie die Ausrichtung von Großveranstaltungen derzeit behördlich untersagt. Ein solches Verbot ist momentan in Deutschland noch nicht vorgesehen. Dennoch stehen reihenweise Konzerte, Messen, Festivals und Kongresse auf der Kippe. Die Reisemesse ITB wurde bereits abgesagt. 

Absagen aufgrund von Pandemien sind unter vielen bestehenden Veranstaltungsausfallversicherungen gedeckt. Doch angesichts der drohenden Kumulschäden für die Versicherungswirtschaft haben sich zahlreiche Veranstaltungsversicherer in der vergangenen Woche zu einem beachtenswerten Schritt entschlossen: Sie schließen alle Schäden aus, die im Zusammenhang mit dem aktuell grassierenden Corona-Virus (SARS-CoV-2 / Covid-19) stehen. 

Brisant dabei: Der Ausschluss ist nicht nur Bestandteil aller ab jetzt abgeschlossenen Neuverträge, sondern soll – nach Mitteilung der Versicherer – auch für bestehende Verträge und bereits versicherte Veranstaltungen gelten. Die Versicherer berufen sich dabei auf eine sogenannte „Gefahrerhöhung“ nach Vertragsschluss (§§ 23 ff. VVG). Diese berechtigt den Versicherer, entweder zu kündigen, die Prämie anzupassen oder die erhöhte Gefahr vom Versicherungsschutz auszuschließen.

„Die Einwendung der Gefahrerhöhung ist rechtlich nicht haltbar“, erklärt dazu Versicherungsrechtler Christian Drave von Sozietät Wilhelm Rechtsanwälte. „Die Ausfallversicherung deckt jeden Veranstaltungsausfall aufgrund von Umständen, die außerhalb des Einflussbereichs des Versicherungsnehmers liegen. Als Allgefahrendeckung erfasst sie üblicherweise auch Seuchen als mögliche Ursache, wenn dieses Risiko nicht explizit ausgeschlossen ist. Der Versicherungsvertrag differenziert dabei nicht nach bekannten und unbekannten Viren. Das Risiko, dass ein neues Virus entsteht und zu einer globalen Pandemie wird, bestand schon bei Vertragsschluss und war auch den Versicherern bekannt.“ 

Christian Drave sieht das Vorgehen der Versicherer noch aus einem weiteren Grund kritisch: „Selbst wenn das Corona-Virus eine nicht vorherzusehende Gefahrerhöhung darstellen würde, so dürften viele Versicherer die einmonatige Frist zur Anpassung der Verträge verpasst haben. Die Gefahr, dass sich das neuartige Virus aus China zu einer weltweiten Seuche ausbreiten könnte, war seit spätestens Mitte Januar der Weltöffentlichkeit bekannt.“

Christian Drave rechnet damit, dass der Rückzug der Versicherer aus dem Corona-Risiko Folgen haben wird: „Das Vorgehen der Versicherer bietet Diskussionsstoff und könnte zu streitigen Deckungsauseinandersetzungen führen, wenn es zu weiteren Absagen von Großveranstaltungen kommt“.

Kontakt:
Christian Drave, LL.M.
Rechtsanwalt
Master of Insurance Law
Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

Wilhelm Rechtsanwälte
Düsseldorf

Tel: +49 211 687746 43
christian.drave@wilhelm-rae.de

 

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