In anderen Umständen: Was bringt eine Umstandsmeldung in der D&O-Versicherung?
In anderen Umständen: Was bringt eine Umstandsmeldung in der D&O-Versicherung?
Pflichtverletzungen des Managements und ihre Folgen werden meist nicht von einem auf den anderen Tag vollumfänglich erkennbar. Oft gibt es im Unternehmen zunächst nur vage Hinweise auf mögliche Verfehlungen und einen damit zusammenhängenden Vermögensschaden. Der Aufsichtsrat oder die Gesellschafter lassen dann intern Vorgänge prüfen, beauftragen gegebenenfalls externe Berater und holen rechtliche Bewertungen ein.
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Dr. Fabian Herdter, LL.M. Eur.
In vielen Fällen dauert es Monate, bis eine Pflichtverletzung und die Kausalität für einen Schaden wirklich feststehen. Wiederum Wochen oder gar erst Monate später wird der Manager auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Erst mit der schriftlichen Inanspruchnahme tritt dann der Versicherungsfall in der Managerhaftpflichtversicherung (D&O-Versicherung) ein.
Aufgrund des verzögerten Eintritts des Versicherungsfalls in der D&O-Versicherung gewähren Versicherer ihren Versicherungsnehmern sowie den versicherten Managern ein besonderes Instrument: die Umstandsmeldung. Was hat es mit diesem Begriff auf sich und welche Wirkung hat eine solche Umstandsmeldung auf die Beteiligten eines D&O-Versicherungsfalls?
1. Umstandsmeldung - was ist das?
1.1 Grundlagen
Das Recht zur Umstandsmeldung ist vertraglich in den Bedingungen zur D&O-Versicherung geregelt. Der Name dieser Regelung kann dabei variieren und beispielsweise „Vorsorgliche Anzeige von Umständen“ oder „Umstandsanzeige“ lauten. Gängig ist auch die englische Bezeichnung „Notice of Circumstance“ (NoC), weshalb die Klauseln im Folgenden als NoC-Klauseln bezeichnet werden.
Unabhängig davon handelt es sich dabei stets um das einseitige Recht des Versicherungsnehmers und/oder der versicherten Personen, dem Versicherer einen Sachverhalt anzuzeigen, der möglicherweise einen D&O-Versicherungsfall zur Folge haben könnte.
Die Umstandsmeldung ist ein Recht und keine Pflicht bzw. Obliegenheit.[1] Es ergeben sich auch keine weiteren Obliegenheiten für den Versicherungsnehmer – etwa zur Befolgung von Weisungen des Versicherers – aus der Meldung, sofern solche Obliegenheiten nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart sind.[2]
In den Musterbedingungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherer (GDV) zur Managerhaftpflichtversicherung (AVB D&O) lautet die Regelung:
A-5.4 Meldung von Umständen (Notice of Circumstance)
Der Versicherungsnehmer und die versicherten Personen haben die Möglichkeit, dem Versicherer während der Laufzeit des Vertrages konkrete Umstände in Textform zu melden, die eine Inanspruchnahme der versicherten Personen hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen.
Kündigt der Versicherer das Versicherungsverhältnis, kann zudem eine Meldung solcher Umstände innerhalb einer Frist von ... Tagen nach Ende des Vertrages erfolgen. Die Meldung von Umständen innerhalb dieser Frist von ... Tagen nach Ende des Vertrages ist jedoch nicht möglich, wenn der Versicherungsvertrag aufgrund Zahlungsverzugs beendet worden ist.
Im Fall einer tatsächlichen späteren Inanspruchnahme, die aufgrund eines gemeldeten Umstandes spätestens innerhalb einer Frist von ... Jahren erfolgen muss, gilt die Inanspruchnahme als zu dem Zeitpunkt der Meldung der Umstände erfolgt.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Meldung ist der Zugang beim Versicherer.
Der Wortlaut der Klausel variiert jedoch von Bedingungswerk zu Bedingungswerk und es sind viele unterschiedliche Regelungen am Markt zu finden (s. 3.).
1.2 Rechtliche Wirkung
Durch die Umstandsmeldung wird bei einer späteren Inanspruchnahme der Versicherungsfall in die Versicherungsperiode der Umstandsmeldung zurückverlagert (sogenannte Rückwirkungsfiktion). Es gelten dann die Konditionen der Versicherungsperiode der Umstandsmeldung. Damit stellt das Recht zur Umstandsmeldung einen Ausgleich zu den Nachteilen des Claims-made-Prinzips dar:
Das Claims-made-Prinzip führt dazu, dass der Versicherungsfall erst mit der Inanspruchnahme auf Schadensersatz eintritt, nicht bereits mit der Pflichtverletzung des Organmitglieds. Der betroffene Manager hat es also nicht selbst in der Hand, welche D&O-Deckung er erhält. Das veranschaulicht folgendes Beispiel:
Ein Unternehmen erleidet einen Vermögensschaden, der mutmaßlich auf eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers zurückzuführen ist. Der Geschäftsführer wird daraufhin entlassen und das Unternehmen beginnt mit internen Untersuchungen. Im Folgejahr wechselt das Unternehmen zu einem neuen D&O-Versicherer, der standardmäßig eine Haftung für bekannte Pflichtverletzungen ausschließt. Mit dem alten D&O-Versicherer war jedoch nur eine kurze Nachhaftung vereinbart. Nach Ablauf der Nachhaftung kommt es zur Inanspruchnahme des ehemaligen Geschäftsführers.
Weder der alte noch der neue D&O-Versicherer sind nun eintrittspflichtig. Hätten das Unternehmen oder der Geschäftsführer selbst zum Zeitpunkt der ersten Hinweise auf Pflichtverletzungen (kurz vor Entlassung des Geschäftsführers) eine Umstandsmeldung abgegeben, so würde für die Inanspruchnahme noch Versicherungsschutz unter der alten Police bestehen.
Das Recht zur Umstandsmeldung schützt also insbesondere die versicherten Entscheidungsträger, indem es ihnen den Versicherungsschutz auch über ihr Ausscheiden hinaus sichert.
1.3 Was muss eine Umstandsmeldung beinhalten?
Möglich ist eine Umstandsmeldung immer dann, wenn eine spätere Inanspruchnahme eines Managers auf Schadensersatz wahrscheinlich erscheint. Erforderlich ist dabei die Nennung eines eingrenzbaren Sachverhalts (z.B. Projekt XY im Verantwortungsbereich von Vorstand Z) und eine mögliche Pflichtverletzung in diesem Zusammenhang (z.B. Missachtung der satzungsgemäßen Abstimmung mit dem Aufsichtsrat durch Vorstand Z), die zu einem Schaden geführt hat oder führen könnte. Je nach Wortlaut der Klausel können die inhaltlichen Anforderungen auch konkreter sein, dürfen den Meldenden jedoch keine Informationen abverlangen, über die diese zum Meldezeitpunkt noch keine gesicherten Erkenntnisse haben konnten.[3]
Eine spätere Inanspruchnahme des Managers muss lediglich wahrscheinlich erscheinen, muss aber noch nicht angekündigt oder beschlossen sein. So kann eine Umstandsmeldung beispielsweise in einer frühen Phase einer internen Untersuchung beim Versicherungsnehmer erfolgen, wenn dem Aufsichtsrat oder den Gesellschaftern erste Hinweise auf eine schadenverursachende Pflichtverletzung vorliegen, eine endgültige Entscheidung über eine Inanspruchnahme einzelner Manager aber noch nicht getroffen ist.
Eine pauschale Meldung ohne einen konkreten Sachverhalt ist keine wirksame Umstandsmeldung. Zu unkonkret und damit unwirksam dürfte also die Meldung in folgendem Szenario sein:
Ein Unternehmen trennt sich im Streit von einem Vorstandsmitglied. Ohne konkrete Hinweise auf eine Pflichtverletzung oder einen Schaden meldet der Aufsichtsrat dem Versicherer, dass eine zukünftige Inanspruchnahme des ehemaligen Vorstandsmitglieds auf Schadensersatz möglich erscheint, da es „immer wieder Unregelmäßigkeiten in seinem Ressort gegeben“ habe.
Erfüllt eine Meldung des Versicherungsnehmers formell oder inhaltlich nicht den Anforderungen an eine wirksame Umstandsmeldung, so hat nach hier vertretener Ansicht der Versicherer den Versicherungsnehmer auf die Mängel hinzuweisen.[4] Es bleibt dem Versicherer unbenommen, die Wirksamkeit der Umstandsmeldung in Frage zu stellen, falls die ursprünglich gemeldeten Umstände und der Sachverhalt einer späteren, damit in Verbindung gebrachten Inanspruchnahme nicht zusammenpassen.
Allerdings wäre auch dann zu berücksichtigen, dass dem Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Umstandsmeldung regelmäßig noch nicht alle Einzelheiten des Sachverhalts oder des Schadens bekannt sind und sich etwa auch mit Blick auf die Frage, welche Pflichten konkret verletzt wurden, zwischen Umstandsmeldung und Inanspruchnahme neue Erkenntnisse ergeben können. Allein dadurch verliert die Umstandsmeldung aber nicht an Wirksamkeit.[5]
1.4 Wer meldet wie?
Die Umstandsmeldung muss in Textform erfolgen, d.h. eine Email ist ausreichend – ein Anruf nicht.
Wer die Meldung abgeben kann, regelt die jeweilige NoC-Klausel. Nach den Musterbedingungen sind der Versicherungsnehmer (d.h. das Unternehmen durch seine Organe) und auch die versicherten Personen selbst (also beispielsweise auch Geschäftsführer von Tochtergesellschaften) meldeberechtigt. Allerdings kann der Kreis der Meldeberechtigten in den Bedingungen individuell eingeschränkt sein, etwa nur auf den Versicherungsnehmer oder nur auf die versicherten Personen.
Die Meldung muss in der Regel innerhalb der Vertragslaufzeit erfolgen. Wichtig ist zu beachten: Als Zeitpunkt der Umstandsmeldung gilt der Eingang der Meldung beim Versicherer, was insbesondere von Bedeutung ist, wenn kurz vor Ende einer Versicherungsperiode noch Umstände gemeldet werden, um die ggf. besseren Konditionen oder unverbrauchte Versicherungssumme der noch laufenden Periode einzubeziehen.
1.5 Zeitliche Begrenzung
Damit den Versicherer keine „Ewigkeitshaftung“ trifft, sehen die Klauseln häufig eine Frist vor, innerhalb derer die Inanspruchnahme erfolgen muss, damit die Umstandsmeldung Wirkung entfaltet (sogenannte „sunset clause“[6]). Versicherungsnehmer sollten sich vergegenwärtigen, ob eine solche Frist in ihren Policen vereinbart ist. Die negativen Konsequenzen veranschaulicht folgendes Beispiel:
Ein Unternehmen gibt im Jahr 2018 eine Umstandsmeldung mit Bezug auf einen konkreten Sachverhalt ab. Gemäß den Versicherungsbedingungen des Unternehmens muss die Inanspruchnahme einer versicherten Person innerhalb von fünf Jahren nach der Meldung erfolgen. Das Unternehmen nimmt den verantwortlichen Manager erst 2024 auf Schadensersatz in Anspruch. Aufgrund der verpassten Frist hat die Umstandsmeldung zwischenzeitlich ihre Wirkung verloren, so dass der Manager allenfalls noch zu den 2024 geltenden Bedingungen versichert ist.
1.6 Verjährung des Deckungsanspruchs?
Klarstellend ist festzuhalten: Zwar wird der Versicherungsfall durch die Umstandsmeldung zurückverlagert. Der Beginn der Verjährung des Versicherungsanspruchs wird allerdings nicht ebenfalls auf die Umstandsmeldung zurückverlagert. Andernfalls würde die Umstandsmeldung zum unsinnigen Ergebnis führen, dass der Deckungsanspruch des Versicherten oftmals bereits verjährt ist, wenn er auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Die Verjährung richtet sich weiterhin nach der Inanspruchnahme.
2. Wann eine Umstandsmeldung sinnvoll ist – und wann nicht
In vielen Fällen ist eine Umstandsmeldung sinnvoll oder zumindest unschädlich. Es können sich jedoch auch unbeabsichtigte Nachteile ergeben.
2.1 Vorteile
Steht am Ende einer Versicherungsperiode noch die vollständige Versicherungssumme zur Verfügung, kann es sinnvoll sein, eine möglicherweise bevorstehende Inanspruchnahme eines Managers noch in der laufenden Versicherungsperiode zu melden. So besteht kein Zeitdruck für eine möglichst schnelle Inanspruchnahme und das Unternehmen kann zum Beispiel noch laufende interne Untersuchungen in Ruhe zu Ende führen.
Warum es sinnvoll sein kann, den zukünftigen Versicherungsfall in die derzeit noch laufende Versicherungsperiode zurückzuverlagern, zeigt folgendes Beispiel:
Zu Beginn des Jahres 2023 erhält der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft Hinweise auf mögliche Pflichtverletzungen des Vorstandsmitglieds A. Es beginnen interne Untersuchungen, deren vorläufige Ergebnisse Ende 2023 nahelegen, dass infolge der Pflichtverletzungen von A ein Vermögensschaden entstand. Der Aufsichtsrat verzichtet allerdings auf eine Umstandsmeldung. Anfang 2024 nimmt das Unternehmen A schriftlich auf Schadensersatz in Anspruch. Die Inanspruchnahme überschneidet sich mit einem anderen Sachverhalt, der ebenfalls 2024 aufgearbeitet wird. Noch 2024 wird in diesem Zusammenhang Vorstand B auf Schadensersatz in Anspruch genommen.
A und B müssen nun beide mit der Versicherungssumme auskommen, die ihnen in der Versicherungsperiode 2024 zur Verfügung steht. Ist diese aufgebraucht, haften beide privat mit ihrem Vermögen für Verteidigungskosten und eine möglicherweise fällige Schadensersatzzahlung.
Hätte der Aufsichtsrat dem Versicherer bereits Ende 2023 gemeldet, dass eine Inanspruchnahme von A möglich erscheint, so hätten für A und B jeweils die vollen Versicherungssummen aus 2023 und 2024 zur Verfügung gestanden – wovon durch die Schadenkompensation mittelbar auch das Unternehmen profitieren kann.
Für Manager, die kurz vor ihrem Ausscheiden aus dem Unternehmen stehen, kann eine Umstandsmeldung sinnvoll sein, sofern Sachverhalte vorliegen, die den Manager berechtigterweise eine spätere Inanspruchnahme fürchten lassen. So kann sich der Manager noch die aktuell geltenden, möglicherweise günstigeren Versicherungsbedingungen sichern. Andernfalls müsste er befürchten, dass sich der D&O-Deckungsschutz des Unternehmens nach seinem Ausscheiden verschlechtert – was er dann nicht mehr beeinflussen kann – oder zum Zeitpunkt seiner Inanspruchnahme überhaupt kein Versicherungsschutz mehr besteht.[7]
2.2 Nachteile
Die meisten NoC-Klauseln sehen kein Wahlrecht vor, ob die Umstandsmeldung ihre Wirkung, den Versicherungsfall zurückzuverlagern, entfalten soll oder nicht. Das kann zu einem Nachteil der versicherten Personen werden: Haben sich die Konditionen der D&O-Deckung zwischen der Umstandsmeldung und der Inanspruchnahme verbessert – etwa in Form einer höheren Deckungssumme – stehen den versicherten Managern aufgrund der Umstandsmeldung nur die früheren, schlechteren Konditionen zur Verfügung, die noch zum Zeitpunkt der Umstandsmeldung galten. Das gilt auch dann, wenn die versicherte Person nicht selbst die Umstandsmeldung abgab und eine Meldung ggf. sogar ablehnte.
Ähnlich problematisch ist es, wenn aus der Versicherungsperiode der Umstandsmeldung aufgrund eines anderen Versicherungsfalls keine oder keine ausreichende Versicherungssumme mehr zur Verfügung steht. Ob der Versicherer dann nachträglich eine Verteilung der Deckungssumme für beide Versicherungsfälle vornehmen oder das Unternehmen dem Manager für eine ungewollte Umstandsmeldung gar Schadensersatz leisten muss, ist jeweils in der Rechtsprechung noch ungeklärt.
Aus Unternehmenssicht ist zu beachten: Insbesondere dann, wenn nur der Versicherungsnehmer zu Umstandsmeldung berechtigt ist, kann sich daraus eine Pflicht gegenüber den versicherten Personen ergeben, eine Umstandsmeldung abzugeben oder sich vorher über die Abgabe mit den Betroffenen abzustimmen.[8]
3. Spielräume in der Klauselgestaltung
Um spätere Unklarheiten und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, sollten NoC-Klauseln möglichst vorteilhafte Regelungen enthalten:
3.1 Kreis der Meldenden
Es ist ratsam, den Kreis der Meldeberechtigten möglichst weit zu fassen. Begünstigte der Umstandsmeldung sind die versicherten Personen. Sie sollten daher das Recht haben, eine Umstandsmeldung auch selbst vorzunehmen.
3.2 Inhaltliche Anforderungen
Die inhaltlichen Hürden für eine Umstandsmeldung sollten nicht zu hoch liegen. NoC-Klauseln, die für eine Wirksamkeit der Meldung dem Versicherungsnehmer Informationen abverlangen, die dieser noch gar nicht haben kann (etwa zur konkreten Schadenhöhe), sind unwirksam[9] und abzulehnen. Sinnvoll hingegen ist die Aufzählung beispielhafter Situationen, die Anlass für eine Umstandsmeldung sein können.
3.3 Frist zur Inanspruchnahme
Optimal ist eine zeitlich unbegrenzte Wirkung der Umstandsmeldung. Sofern sich der D&O-Versicherer nicht auf eine solche „Ewigkeitshaftung“ einlässt, sollte der Versicherungsnehmer mit dem Versicherer eine möglichst lange Frist vereinbaren, innerhalb derer die Inanspruchnahme nach einer Umstandsmeldung erfolgen muss. Sinnvoll sind Regelungen, die bis über das Ende der Nachhaftungszeit hinausreichen.
3.4 Wahlrecht und Rücknahme
Einige NoC-Klauseln geben der in Anspruch genommenen versicherten Person ein Wahlrecht, welche Versicherungsperiode einschlägig ist: die Versicherungsperiode der Umstandsmeldung oder die Versicherungsperiode der Inanspruchnahme. Ein solches Wahlrecht sollte nach Möglichkeit vereinbart werden.
Eine vergleichbare Wirkung hat eine Rücknahmemöglichkeit, die den Meldenden die Option gibt, eine ungünstige Umstandsmeldung wieder zurückzunehmen. Es gilt dann die Versicherungsperiode der Inanspruchnahme.
4. Fazit
Das Recht zur Umstandsmeldung gleicht teilweise Nachteile des Claims-made-Prinzips in der D&O-Versicherung aus – was insbesondere den versicherten Geschäftsführern und Vorständen zugutekommt. Unternehmen, aber insbesondere auch versicherte Manager sollten dieses Instrument auf dem Schirm haben, wenn mögliche Verfehlungen im Rahmen organschaftlicher Tätigkeiten im Raum stehen.
Wann genau eine Umstandsmeldung ratsam ist, hängt allerdings ebenso von der konkreten Situation wie auch von den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen ab. Denn Umstandsmeldung ist nicht gleich Umstandsmeldung und die vertraglichen Regelungen können stark variieren. Deshalb sollten Versicherungsnehmer schon bei der Vertragsgestaltung und -verhandlung besonderes Augenmerk auf den Klauselwortlaut der sogenannten „Notice of circumstance“ legen und sich bei Abgabe einer Umstandsmeldung hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung beraten lassen.
Autor: Dr. Fabian Herdter
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Zeitschrift Die VersicherungsPraxis 11-2024, S. 30 ff.
Literatur:
[1] Koch, Das Dreiecksverhältnis zwischen Versicherer, Versicherungsnehmer und versicherten Personen in Innenhaftungsfällen der D&O-Versicherung, ZVersWiss 2012, S. 162
[2] Lange, D&O-Versicherung und Managerhaftung § 9 Rn. 127
[3] Lange, § 9 Rn. 124 f.
[4] vgl. Herdter/Fortmann D&O-Versicherung/AVB D&O Ziff. A-5.4 Rn. 169 (erscheint Anfang 2025)
[5] Herdter/Fortmann Ziff. A-5.4 Rn. 173
[6] vgl. Veith/Gräfe/Lange/Rogler, Der Versicherungsprozess, § 21 D&O-Versicherung Rn. 45
[7] Herdter/Fortmann Ziff. A-5.4 Rn. 172
[8] Lange, § 9 Rn. 126
[9] Herdter/Fortmann Ziff. A-5.4 Rn. 189 ff.
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