D&O-Strafrechtsschutz: Kein Recht auf Akteneinsicht

Muss der versicherte Geschäftsführer seinem D&O-Versicherer gegenüber umfangreiche Aufklärungsarbeit leisten, wenn er sich in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren befindet? Muss er sich gar vom Versicherer vernehmen lassen und die Strafakte vorlegen? Das OLG Hamm verneint dies in einem aktuellen Beschluss (Az. 20 U 64/22) zur Auskunftsobliegenheit unter der D&O-Strafrechtsschutzdeckung. 

Die Spezial-Straf-Rechtsschutzversicherung (SSR) deckt Rechtsverfolgungskosten in Verfahren wegen Verletzung von Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht ab. Das OLG Hamm hat in seinem Beschluss vom 13. Juli 2023 (20 U 64/22) mehrere rechtliche Fragen zur SSR und deren Integration in die D&O-Versicherung geklärt:

Risikoausschluss wissentliche Pflichtverletzung

Der Versicherungsschutz der SSR umfasst Vorsatztaten, jedoch nur bis zur rechtskräftigen Verurteilung. In der D&O-Versicherung ist der Schutz bereits bei vorsätzlicher Schadenverursachung oder wissentlicher Pflichtverletzung ausgeschlossen. Das OLG Hamm stellt klar, dass der Versicherer sich auch hinsichtlich der Strafrechtsschutzdeckung innerhalb der D&O bis zur rechtskräftigen Verurteilung des Versicherten nicht auf den Leistungsausschluss der wissentlichen Pflichtverletzung berufen kann.

Unzureichende Versicherungssumme

In der D&O-Versicherung können Abwehrkosten einen erheblichen Teil der Versicherungssumme aufzehren. Das OLG Hamm stellt klar, dass das proportionale Verteilungsprinzip des § 109 VVG nur bei Ansprüchen mehrerer Dritter anwendbar ist. Der Versicherungsnehmer ist in dieser Hinsicht nicht als Dritter anzusehen, so das OLG Hamm. Im Fall einer unzureichenden Versicherungssumme in der Strafrechtsschutzausschnittsdeckung sei eine Verteilung nach Kopfteilen interessengerecht.

Rechtliche Einordnung der Unterrichtungsobliegenheit

Die SSR dient der Finanzierung zulässigen Verteidigungsverhaltens im Strafverfahren. Der Versicherte muss dem Versicherer keine umfassenden Informationen zur Verfügung stellen, die seine Verteidigung beeinträchtigen könnten.

Umfang der Unterrichtungsobliegenheiten

Der Versicherte muss nur Auskünfte und Unterlagen zur Prüfung der Angemessenheit der Verteidigungskosten bereitstellen, nicht jedoch umfassende Einblicke in Ermittlungs- oder Strafakten gewähren. Er muss sich auch nicht vom Versicherer vernehmen lassen.

Die vollständige Entscheidungsanmerkung von Dr. Bernd Guntermann erschien in der r+s 23-24/2023 (r+s 2023, 1045). Online ist der Beitrag für Abonnenten hier abrufbar. 

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