Haftungsbegrenzungen und Konsequenzen für die D&O-Versicherung

Nicht in allen Fällen kann die Managerhaftpflichtversicherung vor einer persönlichen Beteiligung des versicherten Managers am Schaden schützen. So kann die Versicherungssumme nach einem vorangegangenen oder zuvor regulierten Versicherungsfall eines anderen Managers verbraucht sein. Auch kann der Versicherer von der Leistung befreit sein (etwa wegen Anzeige- oder Obliegenheitsverletzungen der Gesellschaft). 

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Um das persönliche Haftungsrisiko zu minimieren, versuchen Entscheidungsträger in zunehmendem Maße ergänzende Lösungen zu finden, insbesondere Vereinbarungen zur Haftungsbeschränkung sowie Haftungsfreistellungen. Die Gestaltung und die Auswirkungen solcher Vereinbarungen auf den D&O-Versicherungsschutz sollen im Folgenden näher erläutert werden. 

1. Begriffsklärungen

Zu unterscheiden ist zwischen der (vertraglichen) Haftungsbeschränkung und der (vertraglichen) Haftungsfreistellung.

1.1 Die Haftungsbeschränkung

Einer Haftungsbeschränkung liegt eine Vereinbarung zwischen dem Schuldner (hier dem Manager) und dem Gläubiger (hier der Gesellschaft) zugrunde, nach der der Schuldner im Schadensfall nur ab einem bestimmten Verschuldensgrad für einen Pflichtverstoß haftet (z.B. ab grober Fahrlässigkeit). Verletzt der Schuldner eine Pflicht nur mit einem Verschuldensgrad unterhalb der vereinbarten Stufe (z.B. der Manager handelt nur leicht fahrlässig), steht dem Gläubiger (der Gesellschaft) kein Schadenersatzanspruch zu. 

1.2 Die Haftungsfreistellung

Einer Haftungsfreistellung liegt dagegen eine Vereinbarung zwischen dem Schuldner (Manager) und einem beliebigen Dritten zugrunde. In der Vereinbarung verpflichtet sich der Dritte, bis zu einem bestimmten Verschuldensgrad für die Schuld des Schuldners gegenüber dem Gläubiger (der Gesellschaft) einzustehen. Verletzt der Manager eine Pflicht und liegt der Grad des Verschuldens unterhalb der vereinbarten Stufe, so leistet nicht der Manager, sondern der Dritte gemäß § 267 BGB Schadenersatz an die Gesellschaft. Aus Sicht der Gesellschaft ändert sich gegenüber der Rechtslage ohne Haftungsfreistellung nichts. Aus Sicht des Managers steht eine Haftungsfreistellung praktisch einer Haftungsbeschränkung gleich. 

1.3 Abgrenzung zu Haftungsverzicht, Generalbereinigung, Vergleich und Entlastung

Die Gestaltungsformen vertraglicher Haftungsbeschränkung und vertraglicher Haftungsfreistellung mildern die Haftung in dem Sinne, dass der Manager von vorneherein nur beschränkt auf bestimmte Verschuldensgrade haftet. 

Andere Gestaltungsformen modifizieren die Haftung des Managers erst nach ihrer Entstehung. So können die Gesellschaft und der Manager im Schadenfall (nach entstandener Haftung) einen Haftungsverzicht vereinbaren. Die Möglichkeit eines solchen Haftungsverzichts ist jedoch bei manchen Gesellschaftsformen weitgehend begrenzt (z.B. § 93 Abs. 4 S. 3 AktG). Sogenannte Generalbereinigungsvereinbarungen (z.B. in Aufhebungsverträgen) sind wesensgleich mit einem nachträglichen Verzicht. 

Eine Verzichtswirkung kommt grundsätzlich – zumindest in machen Gesellschaftsformen – auch in Form einer Entlastung des Managers durch die Gesellschafter in Betracht. Bei einer AG enthält die Entlastung jedoch keinen Verzicht auf Ersatzansprüche (§ 120 Abs. 2 S. 3 AktG). 

Des Weiteren kann die Haftung nachträglich durch einen Vergleich zwischen Gesellschaft und Manager (§779 BGB) reduziert werden. Bei manchen Gesellschaftsformen ist auch die Möglichkeit eines Vergleichs deutlich begrenzt (§ 93 Abs. 4 S. 3 AktG). 

2. Haftungsbeschränkungen

2.1 Funktion und Anwendungsmöglichkeiten

Bei der Haftungsbeschränkung handelt es sich häufig um eine bereits bei Beginn der Zusammenarbeit getroffene Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem Manager. Sie wird dann in der Regel im Anstellungsvertrag oder in der Satzung vor Eintritt eines Schadenfalls festgehalten. Nach einer solchen Vereinbarung haftet der Entscheidungsträger erst ab einem bestimmten Verschuldensgrad, zum Beispiel ab grober Fahrlässigkeit. Der Gesellschaft steht dann kein Schadenersatzanspruch gegen den Manager zu, wenn dieser einen Schaden nur leicht fahrlässig herbeiführt. 

Ob eine derartige Haftungsbeschränkung zulässig ist, hängt von der Gesellschaftsform ab:

Haftungsbeschränkungen für die Organmitglieder einer Aktiengesellschaft (Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder) schließt das Aktiengesetz weitgehend aus (§ 93 Abs. 4 S. 3 AktG). Zwar betrifft diese Regelung ihrem Wortlaut nach lediglich den Verzicht auf und den Vergleich über Haftungsansprüche gegen die Organmitglieder. Da die Regelung das Gesellschaftsvermögen und (indirekt) die Interessen der Aktionäre schützen soll, gilt das Verbot auch für alle Maßnahmen, die wie ein Vergleich oder ein (Teil-)Verzicht auf Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen seine Organe wirken. Eine vorherige Vereinbarung zwischen Gesellschaft und Entscheidungsträger über eine Haftungsbeschränkung ist somit unzulässig.

Für die GmbH gibt es keine entsprechende gesetzliche Regelung. Über die Schadenersatzansprüche der Gesellschaft können die Gesellschafter der GmbH grundsätzlich bereits im Voraus verfügen.[1] Ausnahmen gelten für Ansprüche wegen einer verbotenen Rückzahlung von Einlagen oder aufgrund verbotenen Erwerbs eigener Geschäftsanteile (§ 43 Abs. 3 GmbHG). Ebenfalls ist ein Verzicht auf eine Haftung des Geschäftsführers wegen Vorsatzes gemäß § 276 Abs. 3 BGB unwirksam. Außerhalb der genannten Ausnahmen sind die Einzelheiten einer erlaubten vorherigen Haftungsbeschränkung umstritten. Auf die Frage, ob eine Beschränkung der Geschäftsführerhaftung auch für grob fahrlässiges Handeln möglich ist, gehen wir unter Ziffer 5 ein. 

2.2 Konsequenzen für die unternehmenseigene D&O-Versicherung

Haftungsbeschränkungsvereinbarungen können Einfluss auf den Deckungsumfang einer D&O-Versicherung haben. Denn im Grundsatz gilt: Deckung folgt Haftung. Ist die Haftung des Geschäftsführers gegenüber dem Unternehmen mittels einer Haftungsbeschränkungsvereinbarung eingeschränkt oder besteht überhaupt keine Haftung, argumentiert der D&O-Versicherer wie folgt: Eine Freistellung des Geschäftsführers von Haftungsansprüchen des Unternehmens komme nur in dem Umfang in Betracht, in dem der Geschäftsführer für den aufgrund seiner Pflichtverletzung entstandenen Schaden hafte. Hafte der Geschäftsführer wegen einer Haftungsbeschränkung nicht, könne auch keine Freistellung von Schäden zu Gunsten des Unternehmens erfolgen. Diese Argumentation ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, da es sich bei der D&O-Versicherung um eine Haftpflichtversicherung handelt, die eine Haftung des Versicherten zwingend voraussetzt. 

Die Haftung des Managers (und damit die Deckungspflicht des D&O-Versicherers) besteht jedoch unter Umständen dann, wenn der Manager die Pflichtverletzung mit Eventualvorsatz (dolus eventualis) durch „billigend in Kauf nehmen“ des Pflichtenverstoßes beging. Denn eine Haftungsbeschränkung für Vorsatz ist gesetzlich in § 276 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Die Haftungsbeschränkung würde dann nicht greifen, der Deckungsanspruch des Managers gegen den D&O-Versicherer aber schon. 

Argumentiert das Unternehmen mit einem Eventualvorsatz im Hinblick auf den Pflichtenverstoß des Managers, ist diese Argumentation riskant. Denn die Deckung für bewusste (willentliche) Pflichtverstöße ist – anders als bei Pflichtverstößen mit Eventualvorsatz – in nahezu sämtlichen D&O-Policen ausdrücklich ausgeschlossen. Es kommt dann auf die Differenzierung zwischen Eventualvorsatz und Wissentlichkeit an. 

In neueren Policen gibt es sogenannte (sublimitierte) Eigenschadenklauseln, nach denen das Unternehmen die Kompensation seines Schadens gegenüber dem D&O-Versicherer auch bei bestehenden Haftungsbeschränkungsvereinbarungen erreichen kann. Nach diesen Klauseln ist es unerheblich, ob eine Durchsetzung des Schadens im Innenverhältnis zum Manager überhaupt möglich ist.[2] 

3. Haftungsfreistellung durch Dritte

3.1 Funktion und Anwendungsmöglichkeiten

Die Haftungsfreistellung ist eine bereits vor Schadeneintritt geschlossene Vereinbarung zwischen dem Manager und einem beliebigem Dritten (zumeist, aber nicht notwendigerweise, einem Gesellschafter). Der Dritte verpflichtet sich demgemäß, den Manager von bestimmten Schadenersatzansprüchen der Gesellschaft freizustellen. Kommt es dann zu einem Schadenfall, für den der Entscheidungsträger haftet, zahlt der freistellende Dritte den Schadenersatz (ggf. direkt) an die Gesellschaft. 

Im Gegensatz zur Haftungsbeschränkung gefährdet eine Haftungsfreistellung in einer AG das Gesellschaftsvermögen nicht und ist daher zulässig. Das Argument, dass eine Haftungsfreistellung den Entscheidungsträger zu risikoreicherem Verhalten verleitet, verfängt nicht. Denn das müsste dann auch für die D&O-Versicherung gelten, die aber unstreitig zulässig ist. 

Auch in der GmbH ist die Haftungsfreistellung grundsätzlich möglich. Es ist jedoch in der Ausgestaltung der Vereinbarung Sorge zu tragen, dass der Geschäftsführer sich durch die Freistellung nicht in einen Interessenkonflikt begibt. Der freistellende Gesellschafter könnte sonst den Geschäftsführer unter Hinweis auf die Freistellung für seine individuellen Zwecke einspannen.

3.2 Konsequenzen für die unternehmenseigene D&O-Versicherung

Die Haftungsfreistellung eines Managers durch einen Dritten (von Ansprüchen der Gesellschaft gegen den Manager) wirkt sich grundsätzlich nicht deckungsschädlich aus. Denn die Haftungsfreistellung führt rechtlich nicht dazu, dass die Haftung entfällt und der Versicherer aus diesem Grund keine Deckung leisten muss. Vielmehr führt die Haftungsfreistellung dazu, dass der voll haftende Manager den Schaden nicht selbst bezahlt, sondern eben der Dritte die Kompensation des Schadens übernimmt (vgl. § 267 BGB) – in der Regel nachrangig zum D&O-Versicherer, d.h. nur, falls dieser nicht leistet. 

Der Versicherer kann sich dann nicht auf die (nachrangig eingreifende) Haftungsfreistellungsvereinbarung im Verhältnis Manager – Dritter berufen. Entsprechend kann es auch keine Vorteilsanrechnung der Leistung des Dritten zu Gunsten des Versicherers geben. Anderenfalls stünde der Manager, der sich durch eine Haftungsfreistellung vor den Risiken seiner Tätigkeit besonders schützt, im Ergebnis schlechter als ein unbedarfter Manager, der „nur“ auf die Deckung des D&O-Versicherers vertraut. Der BGH führte in seinen Urteilen zur D&O-Versicherung vom 13. April 2016[3] aus, dass es grundsätzlich der Gesellschaft freistehe, ob und inwieweit sie den Manager für einen eingetretenen Schaden in Anspruch nehme und auf welche Vermögenswerte des Managers die Gesellschaft im Rahmen einer möglichen Zwangsvollstreckung Zugriff nehme. Bestehe eine Haftpflichtversicherung, könne das Unternehmen den Manager allein mit Blick auf die Möglichkeit in Anspruch nehmen, im Vollstreckungswege Zugriff auf den Deckungsanspruch des Schädigers gegen seinen Haftpflichtversicherer zu erlangen. Der Versicherer könne sich dann nicht darauf berufen, dass der „Versicherungsfall nicht eingetreten sei, weil dem Schädiger persönlich nicht die Vermögenseinbuße drohe, vor der ihn seine Haftpflichtversicherung schützen wolle.“ Aus den beiden Urteilen ist damit klar erkennbar, dass die Gesellschaft vorrangig auf den Deckungsanspruch des Managers gegen den D&O-Versicherer zugreifen kann. 

4. Haftungsbegrenzungen und grobe Fahrlässigkeit 

Umstritten ist, bis zu welchem Verschuldensgrad die Haftung des Organmitglieds begrenzt werden darf – ob die Haftungsbegrenzung beispielsweise nur für leichte fahrlässige Pflichtverletzungen oder auch bei grober Fahrlässigkeit gilt. Nach zutreffender Ansicht ist eine Haftungsfreistellung oder -beschränkung (sofern gesetzlich grundsätzlich zulässig) für leichte Fahrlässigkeit zulässig. Ein Verzicht auf die Haftung des Geschäftsführers wegen Vorsatzes ist hingegen gemäß § 276 Abs. 3 BGB unstreitig unzulässig. Uneinigkeit herrscht darüber, ob eine Haftungsbegrenzung auch für grobe Fahrlässigkeit möglich ist. 

Der Grad der Fahrlässigkeit wird in der Regel gerichtlich beurteilt und für Entscheidungsträger legen deutsche Gerichte hohe Sorgfaltsmaßstäbe an. Sollte eine Haftungsbegrenzung nur für leichte Fahrlässigkeit möglich sein, bliebe für den Entscheidungsträger ein unkalkulierbares Restrisiko. Nach unserer Ansicht ist eine Haftungsbegrenzung daher auch für grob fahrlässige Pflichtverletzungen möglich.

5. Fazit

Haftungsbeschränkungen und -freistellungen sind ein regelmäßig genutztes Element von Gesellschaft und Entscheidungsträger, um das persönliche Haftungsrisiko des Managers zu minimieren. Eine solche Vereinbarung ergänzt in der Regel den bestehenden D&O-Versicherungsschutz zu Gunsten des Managers. Es ist jedoch darauf zu achten, die Vereinbarung sauber zu formulieren und an die gesellschaftsrechtliche Struktur und Interessen des jeweiligen Unternehmens anzupassen. Zugleich sollte der vom Unternehmen vorgehaltene D&O-Versicherungsschutz bestehenden Haftungsbegrenzungen für Organmitglieder Rechnung tragen. Haftungsbeschränkungsvereinbarungen können aus Unternehmenssicht dazu führen, dass mangels Haftung eine Kompensation des Schadens über den D&O-Versicherer entfällt. 

Autoren: Dr. Fabian Herdter, Dr. Friedrich Isenbart.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Zeitschrift Die VersicherungsPraxis Ausgabe 08-2018

Literatur:

[1] Siehe im einzelnen Fleischer, Münchener Kommentar GmbHG § 43 Rn. 298 ff m.w.N. 

[2] Vgl. Herdter, D&O-Eigenschadenversicherung: Innovation zu Lasten der Versicherten?, VP Praxistipp Juli 2018.

[3] BGH IV ZR 51/14 und IV ZR 304/13.

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