Das Lieferkettengesetz: Herausforderung für das Risikomanagement

Nach langen politischen Diskussionen und viel Kritik durch Wirtschaftsverbände verabschiedete der Deutsche Bundestag am 11. Juni 2021 das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, „LkSG“). Die Regelungen des LkSG sind ab 1. Januar 2023 anzuwenden für Unternehmen, die (konzernübergreifend) 3.000 oder mehr Mitarbeiter in Deutschland beschäftigen. Ab dem 1. Januar 2024 gilt das LkSG auch für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern in Deutschland.

Direkt betroffen sind damit (nach den Zahlen des Statistischen Bundesamts für 2020) rund 3.100 Unternehmen. Faktisch betroffen sind jedoch auch viele mittelständische Unternehmen. Denn die vom Gesetz adressierten Großunternehmen werden ihre direkten Zulieferer vertraglich zur Einhaltung von Standards verpflichten, die den Sorgfaltspflichten des LkSG gleichen. Daher ist der Kreis der mindestens mittelbar betroffenen Unternehmen groß. Für alle diese Unternehmen bringt das Gesetz nicht nur neue Pflichten, sondern auch neue Risiken mit sich.

1. Das Lieferkettengesetz

Menschrechtsverletzungen und Umweltverschmutzungen sind eine traurige Realität in globalen Wertschöpfungsketten, wie wir regelmäßig aus der Presse erfahren: In China werden Uiguren unter Zwang zur Arbeit in Fabriken verpflichtet, in Zentralafrika arbeiten Kinder in Kupfer- und Kobaltminen, in Bangladesch beuten Textilunternehmer Näherinnen aus und das Ergebnis des Lithium-Abbaus ist die nachhaltige Austrocknung und Zerstörung ganzer Landstriche in Südamerika.

Ziel des Lieferkettengesetzes ist es, hiesige Unternehmen für derartige Missstände in die (Mit-)Verantwortung zu nehmen. Konkret listet das Gesetz unter § 2 LkSG eine Reihe zu schützender Rechte auf, die sich insbesondere auf namentlich genannte Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation[1] (sogenannte „Kernarbeitsnormen“) sowie auf die Internationalen Pakte über bürgerliche und politische[2] sowie wirtschaftliche, 

soziale und kulturelle Rechte[3] stützen. Unter anderem handelt es sich dabei um das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, das Verbot der Missachtung von Arbeitsschutzmaßnahmen, das Diskriminierungsverbot, das Recht auf Mindestlohn, das Verbot der Zerstörung natürlicher Lebensgrundlagen und weiterer Eingriffe in die Unversehrtheit von Mensch und Natur.

Damit überträgt das LkSG Normen aus völkerrechtlichen Übereinkommen, die sich ursprünglich an Nationalstaaten richteten, auf wirtschaftliche Akteure. Hier wird deutlich: Ziele, die die Bundesregierung und ihre Kooperationspartner auf außen- und entwicklungspolitischem Wege bislang nicht zufriedenstellend erreichten, sollen nun die Unternehmen erreichen.

2. Neue Unternehmerische Sorgfaltspflichten

Zentraler Bestandteil des LkSG ist die Definition von Sorgfaltspflichten, die Unternehmen in ihrem Lieferkettenmanagement künftig zu erfüllen haben. Vom Begriff der Lieferkette umfasst ist laut LkSG nicht nur der Austausch von Waren, sondern auch der Einkauf von Dienstleistungen.

2.1 Risikomanagement und Prävention

Das LkSG verlangt von Unternehmen die Einrichtung eines Lieferketten-Risikomanagements, das

  • Risiken identifiziert und bewertet (§ 4, 5 LkSG)
  • interne Verantwortlichkeiten benennt (§ 4 LkSG)
  • Präventionsmaßnahmen (z.B. Änderungen im Einkaufsmanagement, Schulungen, Kontrollen) konzeptionell festlegt und umsetzt (§ 6 LkSG)
  • Beschwerden von Betroffenen aus der gesamten Lieferkette ermöglicht und aufgreift (§ 8 LkSG)
  • alle Risiken sowie die Präventions- und Abhilfemaßnahmen dokumentiert und jährlich veröffentlicht (§ 10 LkSG)

2.2 Abhilfemaßnahmen

Stellt das Unternehmen fest oder liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Zulieferer Menschenrechte oder Umweltschutzregeln verletzt, hat es unverzüglich Abhilfemaßnahmen einzuleiten, die die Verletzung beenden.

Was genau aber sind „tatsächliche Anhaltspunkte“? Reicht beispielsweise ein Pressebericht über Kinderarbeit in afrikanischen Kobalt-Minen als Anlass, um die eigene Lieferkette auf Kobalt-Inhalte und deren Herkunft überprüfen und ggf. Abhilfemaßnahmen einleiten zu müssen? In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: „Tatsächliche Anhaltspunkte können zum Beispiel Berichte über die schlechte Menschenrechtslage in der Produktionsregion […] sein.“[4] Bereits in solchen Fällen muss das Unternehmen also aktiv werden, um mögliche Menschenrechtsverletzungen durch den mittelbaren Zulieferer zu identifizieren und zu verhindern (§ 9 LkSG).

Ist eine sofortige Beendigung der Verletzung nicht möglich, muss das Unternehmen gemeinsam mit dem Zulieferer ein Konzept und einen Zeitplan zur Umsetzung wirksamer Abhilfemaßnahmen erstellen. Dabei ist auch ein zeitweiliges Aussetzen der Geschäftsbeziehung als Maßnahme zu erwägen. Wenn die Verletzung sehr schwerwiegend ist, wenn auch die Abhilfemaßnahmen keine Verbesserung erreichen und wenn das Unternehmen mit milderen Mitteln keinen ausreichenden Einfluss auf den (unmittelbaren) Zulieferer nehmen kann, ist sogar ein vollständiger Abbruch der Geschäftsbeziehung geboten (§ 7 Abs. 3 LkSG).

3. Risiken für die Unternehmen

Auch wenn das LkSG explizit keine eigenständige zivilrechtliche Haftungsgrundlage schafft, ergeben sich aus dem Gesetz eine Reihe von Vermögensschaden-Risiken für die Unternehmen.

3.1 Sanktionen

Das BAFA als zuständige Behörde wurde durch den Gesetzgeber mit zusätzlichen Befugnissen ausgestattet, um die Einhaltung des Lieferkettengesetzes durchzusetzen. So kann das BAFA etwa die Einhaltung der Sorgfaltspflichten durch Kontrollen auf den Betriebsgeländen überprüfen und Unternehmen konkrete Maßnahmen zur Beseitigung von erkannten Missständen aufgeben.

Verletzungen der Sorgfaltspflichten kann das BAFA mit Zwangsgeldern bis zu EUR 50.000,00 und Geldbußen je nach Schwere des Verstoßes gestaffelt von EUR 100.000,00 bis zu EUR 8 Mio. bzw. bei Unternehmen ab EUR 400 Mio. Jahresumsatz bis zu 2 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes sanktionieren[5]. Bei schweren Sorgfaltspflichtverletzungen ist das betroffene Unternehmen zudem bis zu drei Jahre lang von allen öffentlichen Aufträgen auszuschließen (§ 22 LkSG)

3.2 Haftungsklagen

Anders als von Pressure Groups beabsichtigt, schafft das LkSG formal keine eigene Haftungsgrundlage. Allein die Verletzung einer Sorgfaltspflicht – etwa das Versäumnis, einen Rechenschaftsbericht zu veröffentlichen – begründet also keine Schadensersatzforderung durch Dritte. Dennoch hat das Gesetz haftungsrechtliche Konsequenzen.

3.2.1 Klagen im Namen Betroffener

Das LkSG führt eine besondere Prozessstandschaft ein (§ 11 LkSG). Auf dieser Grundlage können Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Gewerkschaften im Namen betroffener Dritter gegen vermeintlich für eine Menschenrechtsverletzung verantwortliche Unternehmen in Deutschland klagen. Voraussetzung ist, dass der Missstand den Betroffenen in einer „überragend wichtigen geschützten Rechtsposition aus § 2 Absatz 1 [LkSG]“ verletzte. Nicht jede Menschenrechtsverletzung sollen Betroffene demnach über die Prozessstandschaft verfolgen können, sondern nur solche, die etwa Leib und Leben des Betroffenen gefährden.[6]

Nach Inkrafttreten des Gesetzes könnten NGOs oder Gewerkschaften erste „Testverfahren“ vor deutschen Landgerichten anstoßen, um Ansprüche im Namen mutmaßlich geschädigter Personen gegen hiesige Unternehmen für beispielsweise von Zulieferern verursachte Umweltverschmutzungen durchzusetzen. Ob und inwieweit Gerichte dem folgen werden (und damit eine Präjudiz schaffen) ist eine der Entwicklungen rund um das Lieferkettengesetz, die es besonders zu beobachten gilt.

3.2.2 Direkte Klagen Betroffener

Es ist zudem nicht auszuschließen, dass Betroffene trotz des Fehlens einer eigenen Anspruchsgrundlage im LkSG auch direkt gegen Unternehmen in Deutschland klagen können. Ansprüche auf Schadensersatz für Geschädigte kämen dann in Frage, wenn das LkSG als Schutzgesetz zu qualifizieren ist – was bislang offen ist. Verstöße gegen Schutzgesetze, die kausal einen Schaden verursachen, können in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB einen Schadensersatzanspruch begründen. Sofern das LkSG ein Schutzgesetz darstellt, könnte eine „Klägerindustrie“ (z.B. forciert durch Prozessfinanzierer) für die massenhafte Geltendmachung von Ansprüchen Dritter sorgen, etwa nach Chemieunfällen mit vielen geschädigten Arbeitern oder ähnlichen Arbeitsschutzverletzungen in der Lieferkette.

3.2.3 Schadensersatzpflicht der Zulieferer

Abseits der möglichen Haftung deutscher Unternehmen für umwelt- und menschenrechtliche Verletzungen dürfte es zu haftungsrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen und ihren unmittelbaren Zulieferern kommen, etwa wenn das abnehmende Unternehmen sanktioniert wird oder einen Reputationsschaden durch Menschenrechtsverletzungen erleidet.

Beispiel: Die X AG ist als Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten des LkSG verpflichtet. Die X AG verpflichtet im Rahmen der Beschaffungsverträge alle direkten Zulieferer zur Mitwirkung an der Einhaltung der Sorgfaltspflichten und Sicherstellung der Einhaltung von Menschenrechten auch bei den Zulieferern der Zulieferer.

Es kommt nun zu Presseberichten über Zwangsarbeit bei einem solchen nur mittelbaren Zulieferer Z. Die X AG versucht gemeinsam mit dem vorgeschalteten, unmittelbaren Zulieferer Y Einfluss auf Z zu nehmen. Auch das BAFA schaltet sich ein und verlangt von X eine rasche Umsetzung eines Konzepts zur Beseitigung der Missstände. Gemeinsam mit den Zulieferern Y und Z initiiert X das Konzept. Aufgrund größerer Nähe zu Z überträgt X an seinen direkten Zulieferer Y die Kontrolle der Umsetzung.

Die Umsetzung scheitert, es kommt zu erneuten Menschenrechtsverletzungen, über die auch hierzulande die Presse berichtet. Das BAFA verhängt gegenüber X ein Bußgeld in Höhe von EUR 5 Mio. X versucht auf dem Weg des Regresses, einen Teil des Bußgelds sowie Kosten für Aufwendungen (u.a. Anwalts- und Beraterhonorare) sowie Ersatz für den erlittenen Imageschaden von Y zurückzuerhalten. Y haftet schließlich für einen Gesamtschaden von mehr als EUR 10 Mio.

3.3 Betriebsunterbrechungen

In Einzelfällen werden Unternehmen gezwungen sein, Geschäftsbeziehungen zu Zulieferern auszusetzen oder dauerhaft abzubrechen. Zwar dürfte der dauerhafte Abbruch der Lieferbeziehung (§ 7 Abs. 3 LkSG) nur in besonders schwerwiegenden Fällen geboten sein. Aber bereits das zeitweise Aussetzen der Geschäftsbeziehung während der Umsetzung von Maßnahmen seitens des Zulieferers kann die Lieferkette empfindlich stören. Wochenlange Betriebsunterbrechungen können die Folge sein.

LkSG:
Diese Risiken drohen

#1

Das BAFA kann Zwangs-und Bußgelder in Millionenhöhe verhängen.

#2

NGOs können die Unternehmen im Namen Betroffener verklagen.

#3

Zulieferer können sich gegenüber ihren Abnehmern für Verfehlungen in der Lieferkette schadensersatzpflichtig machen.

#4

Im schlimmsten Fall drohen Betriebsunterbrechungen, wenn Unternehmen Lieferbeziehungen auf Eis legen müssen.

4. Entwurf eines europäischen Lieferkettengesetzes

Pläne für ein einheitliches europäisches Lieferkettengesetz gibt es seit längerem. Für Unternehmen könnte ein einheitliches Regelwerk weniger Bürokratie bedeuten, denn aktuell sind allein in der EU insbesondere die strengen, aber unterschiedlichen Lieferkettengesetze Deutschlands und Frankreichs zu beachten.

Der am 23. Februar 2022 von der Kommission vorgelegte Entwurf einer EU-Lieferketten-Richtlinie[7] ist allerdings auf breite Kritik von Wirtschaftsverbänden gestoßen. Gegenüber dem deutschen LkSG würde das europäische Lieferkettengesetz eine deutliche Verschärfung darstellen:

  • Betroffen wären Unternehmen bereits ab 250 Mitarbeitern (in bestimmten Branchen).
  • Mittelbare Zulieferer wären nicht mehr nur anlassbezogen sondern regelmäßig zu prüfen.
  • Für Pflichtverstöße wäre eine eigene zivilrechtliche Haftung vorgesehen.
  • Zusätzlich zur Einhaltung von Menschenrechten und bestimmten Umweltschutzbestimmungen wären weitere Umwelt- und auch Klimaschutzkriterien umfasst.

Der Kommissionsentwurf brächte also nicht nur deutlich erhöhten Verwaltungsaufwand für noch mehr Unternehmen mit sich, sondern auch deutlich größere Haftungsrisiken für die Unternehmen. Eine 1:1 Umsetzung in der aktuellen Form ist jedoch unwahrscheinlich. Die weitere Entwicklung der Brüsseler Gesetzgebung (und die anschließende nationalstaatliche Umsetzung der Richtlinie) gilt es genau zu beobachten.

5. Konsequenzen für das Risikomanagement

Für das unternehmenseigene Risikomanagement stellen die Anforderungen des deutschen Lieferkettengesetzes nicht nur eine administrative und organisatorische Herausforderung dar. Die unter 3. geschilderten neuen Vermögensschadenrisiken werfen auch die Frage auf, inwieweit sich diese Risiken kalkulieren und versichern lassen.

5.1 Versicherbarkeit der Risiken

Für Sanktionen wie Bußgelder und der Ausschluss von der öffentlichen Auftragsvergabe erhalten Unternehmen keinen Versicherungsschutz. Eine indirekte Möglichkeit ergibt sich ggf. über die Managerhaftpflichtversicherung (s. 5.2). Allerdings stellen Sanktionen auch das unwahrscheinlichste Schadenszenario dar und zugleich das, das sich mithilfe des Risikomanagements am besten vermeiden lässt.

Eine zivilrechtliche Haftung des Unternehmens für Menschenrechtsverletzungen entlang der eigenen Lieferkette kann von der Betriebshaftpflicht gedeckt sein. Das wahrscheinlichere Szenario der haftungsrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Lieferant und Abnehmer ist hiervon jedoch gesondert zu betrachten. Lieferanten sollten prüfen, ob ihre Haftpflichtpolicen das zusätzliche Risiko einer Sorgfaltspflichtverletzung gegenüber dem Abnehmer und mögliche Regressforderungen decken würden.

Störungen der Lieferkette, die zu Betriebsunterbrechungen führen, sind in der Regel nur dann von der Betriebsunterbrechungsversicherung gedeckt, wenn beim unmittelbaren Zulieferer ein Sachschaden den Produktionsprozess unterbricht. Das Aussetzen der Geschäftsbeziehung als Maßnahme im Rahmen des Lieferkettengesetzes stellt also keinen Versicherungsfall dar. Auch Supply-Chain-Versicherungen, die sachschadenunabhängig Schutz vor Lieferkettenstörungen bieten, dürften nur bedingt hilfreich sein. In der Regel setzen derartige Spezialversicherungen eine Lieferkettenstörung durch ein externes Ereignis (z.B. Streik, Sperrung von Seewegen, Naturkatastrophen o.ä.) voraus. Ob eine Menschenrechtsverletzung durch einen Zulieferer ein solches externes Ereignis darstellt, ist fraglich. Versicherungsnehmer sollten Klarstellungen hierzu vertraglich festhalten.

5.2 D&O-Versicherung als Auffanglösung?

Wie in vielen anderen Bereichen liegt es auch im Fall von Lieferketten-bedingten Vermögensschäden nahe, dass geschädigte Unternehmen die D&O-Versicherung der handelnden Verantwortlichen in den Blick nehmen werden. Häufig dürfte sich ein Vermögensschaden aus den vorbenannten Risiken auf ein Organisationsverschulden der Entscheidungsträger zurückführen. Die Einführung eines effektiven und LkSG-konformen Lieferketten-Risikomanagements ist Aufgabe des Vorstands. Kommt es zu Haftpflichtschäden oder Sanktionen gegen das Unternehmen, liegt insofern eine Pflichtverletzung des Managements auf der Hand – für die der Manager persönlich haftet. Ob allerdings gegen das Unternehmen gerichtete Bußen bei den Entscheidungsträgern regressierbar sind, ist noch nicht abschließend geklärt.

Aufgrund der derzeit noch kaum kalkulierbaren Ausmaße der möglichen Vermögensschadenrisiken, die sich aus dem LkSG ergeben, dürften Versicherer – insbesondere D&O-Versicherer – nur eingeschränkt bereit zur Übernahme dieser Risiken sein. Es ist damit zu rechnen, dass einige D&O-Versicherer zunächst mit Deckungsausschlüssen auf das Lieferkettengesetz reagieren werden.

6. Fazit

Das Lieferkettengesetz stellt betroffene Unternehmen und ihre mittelständischen Zulieferer vor große Herausforderungen. Mangels Best Practice-Vorgaben ist vielfach noch unklar, wie die zahlreichen Sorgfaltspflichten des LkSG konkret umgesetzt werden sollen. Angesichts der oft großen Zahl mindestens anlassbezogen zu überwachender unmittelbarer und mittelbarer Zulieferer (große Konzerne dürften hier schnell auf eine mindestens fünfstellige Zahl von Zulieferern entlang der Wertschöpfungskette kommen) erscheinen die Vorgaben vielfach realitätsfern.

Risikomanager müssen sich dennoch auf die potentiellen Schadenszenarien einstellen und so gut wie möglich Vorsorge treffen. An erster Stelle steht dabei der Dialog mit dem Versicherungsmakler und dem Versicherer über den Umfang des Deckungsschutzes in der Lieferkette und die Überprüfung bestehender Policen.

 

Diesen Beitrag veröffentlichte die Zeitschrift Die Versicherungspraxis in ihrer Ausgabe 04/2022.

 

[1] ILO-Übereinkommen Nr. 29, 87, 98, 200, 105, 111, 138, 182

[2] BGBl. 1973 II S. 1533, 1534

[3] BGBl. 1973 II S. 1569, 1570

[4]     Vgl. Gesetzesbegründung zum Lieferkettengesetz, Drucksache des Deutschen Bundestages 19/28649 v. 19. April 2021, S. 50

[5]     Die Bußgeldhöhe gilt für juristische Personen. Die maximale Bußgeldhöhe für natürliche Personen beträgt EUR 800.000,00

[6]     Vgl. Gesetzesbegründung zum Lieferkettengesetz, Drucksache des Deutschen Bundestages 19/28649 v. 19. April 2021, S. 52

[7]     Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on Corporate Sustainability Due Diligence and amending Directive (EU) 2019/1937

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